Italien – schon wieder Italien. Ist das nicht langweilig? Was soll ich denn woanders, wenn's mir doch da so gut gefällt? Sag ich und will auch dies Jahr wieder hin. Da lässt es sich nämlich ganz formidabel urlauben und schlemmen.
Die folgende Italienreise ist so intensiv, dass ich sie nicht auf einen Beitrag herunterbrechen mag. Ich kann es nicht. Hier kommt Teil I:
Das Auto, der Liebste und ich. Im Kofferraum jede Menge Gepäck, das wir nicht brauchen werden. Im Fußraum Autostullen und eine Thermoskanne Filterkaffee. Auf der Rückbank ein Zimmermann mit Zylinder, der Richtung Süden will. Nach Hannover. Für die kommenden zwei Wochen das letzte bisschen deutsche Tugend. Gut so.
Keine Reservierung. Keine Reiseroute. Aus dem Autoradio schmalzt Eros uns ins Ohr, wie es sich gehört für eine Reise durch Bella Italia. Wir fahren über den Brenner, vorbei am Gardasee, entlang der sich schier endlos auf und ab windenden Via Aurelia quer durch Ligurien. Mehr Plan haben wir nicht, brauchen wir auch nicht. Wir übernachten in möglichst kleinen hutzeligen Pensionen, schlendern abends durch krumme Gässchen und verstecken uns tagsüber unter unserem touristischen Sonnenschirmchen in kleinen kieseligen Strandbuchten vor der sengenden Sonne. Das Essen ist mal besser, mal schlechter, meist Mittelmaß. Ich lasse Seele und Beine baumeln und ich frage mich, ob das kulinarische Highlight wohl noch kommt.
Wir beschließen, die meist sardinenbüchsenartigen Zustände am Ende der ligurischen Küste hinter uns zu lassen. Ein paar Kilometer landeinwärts passieren wir die Grenze zum Piemont und die Landschaft wird grüner. Wir fahren durch schattige Wälder, die Luft wird etwas frischer. Und ja – es kommt – das kulinarische Highlight.
Das Agriturismo "La Celestina". Eine Nacht wollen wir bleiben. Hinter der etwas in die Jahre gekommenen zauberhaft schönen Villa mitten im Nirgendwo steht eine gigantische Pinie. An einem dicken Ast baumelt eine Schaukel, der Blick ist endlos: weiche Hügel, grüne Weinberge, dahinter nur blau. Der kleine Steinofen neben der Villa ist über und über mit Efeuberankt. Im Schatten stehen ein paar Tische. Trotz fortgeschrittener Stunde sind es noch immer an die 30°C.
Tiziana begrüßt uns mit kräftigem Händedruck und strahlendem Lächeln. Sie tippt auf die Uhr und sagt, das Essen sei gleich fertig. Wir setzen uns. Und taumeln von nun an von einen
Glücksszustand in den nächsten.
Antipasti zum Niederknien: Frisch gebackenes Focaccia, grobes Salz glitzert neben kleinen Pfützen aus gelbgrünem Olivenöl, dünn aufgeschnittener Coppa, dunkelrote Wildschweinsalami, Torta di
Verdura mit Spinat aus dem Garten, wunderbar würziger Straccino zwischen haudünnen Teigblättern gebacken.
Dann kommen Gnocchi mit Tomatensugo – natürlich alles fatto al mano.Ein zartrosa gebratenes Kalbsschnitzel schließt sich an, dazu etwas Tomaten und frischer knackiger Salat – ebenfalls aus dem Garten hinter dem Haus, wie wir später lernen sollen.
Zeit für Dolci. Der Koch Guido bringt irgendwas mit Nuss, Mürbteig und Aprikosen. Wir sind nicht mehr aufnahmefähig. Ein dümmlichsattes Lächeln im Gesicht will ich nur noch einen Caffè doppio und dann ins Bett. Besser geht’s nicht, denke ich nur Minuten später. Ich bette meinen Kopf auf das Kissen im frisch gestärkten weißen Bezug und schlafe ein.
Zum Frühstück gibt es hausgemachte Konfitüre, schneeweiße Butter, etwas Brot und Caffè. Verschlafen nicke ich dem Franzosen am Nachbartisch freundlich zu. Wie es genau zu unserem Gespräch kommt, weiß ich nicht. Er erzählt, er kommt aus Nizza. Ich denke über das nächste Etappenziel nach. Er heißt aus Guido – wie der Koch. Wollen wir wirklich schon weg hier? Hier ist es doch so schön. Er bleibt noch drei Tage. Ich lächle, nicke und trinke einen Schluck. Er macht einen Kochkurs bei Guido. Ich nicke noch mal freundlich und beiße in das Brot.
Moment. Hat er das WIRKLICH gerade gesagt? Kochkurs – da. Er hat es schon wieder gesagt. Nur deshalb sei er hier. Der Kurs fängt um 10:00 an. Das ist in einer halben Stunde. Ich will auch. Der Liebste ist dabei. Also fragt Guido der Schüler bei Guido dem Koch nach, ob wir mitspielen dürfen. Zack - alles was war, ist jetzt egal. Keine weiteren Etappenziele. Essen, kochen, trinken. Der Hausherr war mal Sommelier. Wir bleiben.
Es folgen drei Tage Glückseligkeit. Guido nimmt uns mit in seine Küche. Wir kochen und essen gemeinsam. Wir sitzen mit seiner Frau und ihm bei Kerzenschein und Rotwein bis tief in die Nacht vor dem Haus. Sie kann Geschichten erzählen wie keine Zweite. Noch eine Flasche Vino Rosso und - zack - der Liebste und ich sprechen Italienisch. Fließend.
Fortsetzung folgt...
Agriturismo La Celestina:
Località Rovereto 18
17058 Piana Crixia
Savona
Italia
Cel: 348 3806 185
Fax: +39 019 2070433
lacelestina@libero.it
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