Himmel ist kein Ort. Himmel ist ein Geschmack.

Einen Tag vor Heiligabend holt Mama mich in Göttingen vom Zug ab. Ich bin zu Haus. Endlich. Das Jahr steckt mir in den Knochen. Mir ist nach Tee und Mamas großem Sofa. Von da sieht der Balkon am schönsten aus. Kräuter schmiegen sich in schweren Steintrögen aneinander, der Wind raschelt in den Bäumen, stille Steinengel gaukeln Weltfrieden vor.

 

Mama geht auf den Balkon (barfuß – das macht sie immer so) und zupft eine Plastiktüte unter dem kleinen von Engeln umsäumten Springbrunnen vor. Da fällt es mir wieder ein: Sie war angeln.

 

Pam! Ich bin wach. Tee kann weg. Wir sind nicht mehr zu zweit, sondern zu siebt. Und die bleierne Müdigkeit von eben ist bei irgendwem anders zu Gast.

 

"Ich, ich, ich will! Darf i-c-h sie ausnehmen?"

 

Am Waschbecken stehend darf ich. Unter fließendem Wasser. Es duftet nach See, nach klarem Wasser. So frischen Fisch hatte ich selten in der Hand.

Am morgen des selben Tages noch in einem eisigen harzer See, sollen sie in der kommenden Nacht in Salzlake schwimmen.* Stichwort Osmose. Dabei wird dem Fisch Wasser entzogen, was gleichermaßen gut für Geschmack und Haltbarkeit ist.

 

Am nächsten Morgen nehmen wir die Fische aus der Lake. Spätestens jetzt wird es wohl etwas ungewohnt für die Fünf Freunde: Sie müssen nämlich gut trocknen, bevor sie in den kleinen Räucherofen auf dem Balkon dürfen. Auf dem Boden des Ofens liegt bereits etwas Räuchermehl mit frischen Kräutern. Beheizt wird das Schätzchen mit zwei kleinen Brennern, wie man sie vom Fondue kennt. 

Wir decken das Räuchermehl mit Alufolie ab und legen die Gitter für die Forellen in den Ofen. Eine davon ist filetiert, die darf ganz nach oben.

 

Deckel drauf, Brenner an, Luftschlitze im Deckel zudrehen und warten. Mehr nicht. Das Räuchermehl tut, was es soll: Es räuchert. Raucharoma zieht in das Forellenfleisch ein, die sanfte Hitze von ca. 70°C lässt es gleichzeitig schonend garen. Wenn sich die Rückenflosse ohne Widerstand ziehen lässt, ist es so weit.

 

Ich bin etwas aufgeregt. Die Filets leuchten mir in warmen Orangetönen entgegen. Der Duft ist betörend. Das Wasser läuft mir im Mund zusammen. 

Locationwechsel. Küche. Die Forelle liegt vor mir auf einem Holzbrett. Die Haut lässt sich ganz leicht ablösen. Fast so, als würde sich die Forelle von selbst ausziehen. Weil sie weiß, was jetzt kommt...

 

Das Weißbrot wird im Toaster versenkt. Nicht irgendeins. Nein, Mama hat es bei Cron & Lanz bestellt - Göttinger seufzen an dieser Stelle bitte einmal genussvoll. Dazu soll es frische Butter, Salz und Pfeffer geben. Weiter nichts. Einen Augenblick später hüpft das Weißbrot erwartungsvoll aus dem Toaster. Ich bestreiche es mit Butter.

 

Was dann folgt, kann ich nicht beschreiben. Es ist einfach nicht von dieser Welt. 

 

 

 

 

 

 

 

* Fertige Lake-Mischungen gibt es in Angelshops. Faustformel 70g Salz auf 1L Wasser. Aber da scheiden sich die Geister...

 

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Kommentare: 6
  • #1

    Ines (Montag, 09 Januar 2012 15:36)

    mjamm. jetzt hab ich auch hunger! ;)
    ich würde auch gern räuchern, besitze aber keinen räucherofen.
    gibt es alternativen?

    viele grüße
    ines

  • #2

    Kathrin (Montag, 09 Januar 2012 15:59)

    Köstlich zu lesen und sicher auch zu genießen. Habe sogar spontan an der richtigen Stelle C&L) seufzen müssen.
    Möchte mich unbedingt mal von Dir bekommen lassen!
    LG, Kathrin

  • #3

    ellikocht (Montag, 09 Januar 2012 16:00)

    Hallo Ines,

    klar - das geht auch. Zum Beispiel in einem Wok. Hier ist ein Link. Nicht schön, aber gut zu erkennen:

    http://www.kochmobil.de/kochschule/rundumdenwok/raeuchernimwok.html

    Man kann es auch in einem alten Topf oder einer Keksdose machen. Wichtig ist, dass an keinem der Gegenstände Plastik, Lack oder andere Beschichtungen sind, die sich unter Hitzeeinwirkung lösen können.

    Am besten gehst Du damit nach draußen und stellst den Pott auf ein Stövchen mit einem Brenner wie beim Fondue. Der Geruch hängt sonst tagelang in der Wohnung.

    Viel Spaß :)
    Elli

  • #4

    ellikocht (Montag, 09 Januar 2012 16:01)

    @Kathrin: Klar. Komm rum und los geht's!

  • #5

    ines (Montag, 09 Januar 2012 16:08)

    elli,

    vielen dank für die schnelle antwort.
    einen gusseisernen wok, den ich sonst nicht mehr nutze, besitze ich. ein stövchen hab ich bestimmt auch noch irgendwo.
    das probier ich aus und werde berichten!

    viele grüße und vielen dank
    ines :)

  • #6

    maren@honeyjazz.net (Montag, 09 Januar 2012 16:16)

    *seufz*!!!