Sardische Sommer-Sehnsucht

(Juli 2011)

Nachdem wir von Laura wie alte Freunde begrüßt wurden, bezogen wir das Zimmer und schmachteten dem Startschuss des Essens entgegen. Vom Balkon aus sah ich Gianpalo die Spanferkel am Spieß über duftenden Holzscheiten wenden. Laura und Familie trugen emsig Teller, Gläser, Brotkörbe und große Kisten zum Tisch neben dem Feuer. Minütlich auf die Uhr schauend lief mir das Wasser im Mund zusammen, bis wir endlich zum Lagerfeuer gerufen wurden.

Der Tisch bog sich unter den sardischen Antipasti – größtenteils aus eigener Produktion: Pecorino, Ricotta, Lardo, Coppa, Wildschweinsalami und Kaninchen. Genüsslich schlemmten wir uns durch die Köstlichkeiten. Es wurde knuspriges Brot gereicht und eiskalter sardischer Rotwein. Als der Spanferkelspieß aus dem Feuer gezogen wurde, bekam ich das erste Mal Angst, dem Menü nicht bis zum Ende beiwohnen zu können. Die rund zwanzig angereisten Italiener und Sarden um uns herum reagierten gelassen. Gianpalo schnitt die knusprigen Fleischstücke direkt auf den Tisch. Aus dem Handgelenk warf er etwas grobes Meersalz darauf. Sonst nichts. Eine Offenbarung. Ein letztes Mal tunkte ich das Brot in die kleine Gusseiserne Pfanne mit "Insalata della Stalla" – dem Besten vom Kaninchen, dann gab ich den Kampf gegen die Antipasti auf.

Locationwechsel. Terrasse. Endlich sitzen. Pause. Mehr Wein.

Jetzt kam der erste Gang: ein wunderbar schlotziger Bohnen-Linsen-Eintopf mit Speck. Nichts für zartbesaitete war er würzig-rauchig abgeschmeckt und mit geriebenem Pecorino bestreut. Im Anschluss wurden Malloreddus aufgetragen, sardische Gnocchetti mit Ricottacreme. Als wäre das noch nicht genug, ging Gianpalo nun mit großen Platten voller Spanferkel so lange rum, bis alle nach Luft japsten. Mit Beilagen wird auf Sardinien gottlob wenig Zeit verschwendet.

Den Nachtisch konnte ich nicht mehr fotografieren, da ich nahezu bewegungsunfähig war. Es gab Seadas; in Fett ausgebackene mit Ricotta gefüllte und mit Honig überzogene Teigtaschen. Dazu eine sahnige Caramelcreme mit etwas Orangenschale. Wie wir den Weg in unsere Betten schafften, entzieht sich meiner Erinnerung...